Umfrage: Gesundheitsreformen finden derzeit wenig Zustimmung
 BERN - Die derzeit diskutierten Reformvorschläge im Gesundheitswesen schüren Ängste vor einem Leistungsabbau. Das zeigt der am Dienstag publizierte gfs.Gesundheitsmonitor des Branchenverbands Interpharma. Raum zum Sparen sehen die Befragten kaum.
BERN - Die derzeit diskutierten Reformvorschläge im Gesundheitswesen schüren Ängste vor einem Leistungsabbau. Das zeigt der am Dienstag publizierte gfs.Gesundheitsmonitor des Branchenverbands Interpharma. Raum zum Sparen sehen die Befragten kaum.
Das gelte insbesondere für die Einführung der viel diskutierten Globalbudgets, sagte Urs Bieri vom Forschungsinstitut gfs am Dienstag an der Medienkonferenz in Bern.
Bei sogenannten Globalbudgets für Leistungen im Gesundheitswesen darf ein Spital oder ein Arzt bis zu einem fixen Budget Leistungen über die Grundversicherung abrechnen. Ist dieses Budget ausgeschöpft, müsste der Patient oder die Patientin die Behandlung selber bezahlen, auf einen anderen Arzt oder ein anderes Spital ausweichen oder warten, bis ein neues Budget zugesprochen wird.
Wie die Umfrage zeigt, versprechen sich nur drei von zehn Befragten dadurch niedrigere Kosten - sprich tiefere Prämien. Die grosse Mehrheit befürchtet Abstriche beim Leistungsangebot wie längere Wartezeiten oder Einschränkungen der freien Arzt- beziehungsweise Spitalwahl (91 Prozent). Rund drei von vier Befragten (74 Prozent) rechnen damit, dass Patienten nicht mehr alle nötigen Medikamente erhielten.
Aber auch bei der einheitlichen Spitalfinanzierung zeigten sich die Stimmberechtigten skeptisch was das Sparpotenzial anbelangt. Zwar teilten 76 Prozent der Befragten die Meinung, dass Spitäler mit der geltenden Finanzierung zu viele Anreize haben, Behandlungen stationär durchzuführen, also mit Übernachtung im Spital, und dass mit einer Einheitsfinanzierung mehr Behandlungen ambulant durchgeführt werden würden. Doch nur 40 Prozent der Befragten verspricht sich zur diese Massnahme niedrigere Prämien.
Leistungserhalt hat oberste Prioriät
Die Bevölkerung will keine Experimente zur Kostensenkung im Gesundheitswesen, die potenziell das bestehende Leistungsangebot bedrohen, so Bieri. So schätzten 95 Prozent der Befragten die Qualität und 87 Prozent die Quantität der Leistungen wichtiger ein als den Preis.
Dies hat laut Bieri aber wenig mit Naivität zu tun. Die Befragten würden gleichwohl von steigenden Kosten im Gesundheitswesen ausgehen. Diese erachtete die Mehrheit zwar als hoch, aber tragbar. Sparmassnahmen akzeptierten die Befragten hingegen bei der Effizienz, so beispielsweise bei den Verwaltungskosten. Die steigenden Kosten führten dazu, dass man sich keinen generellen Ausbau der Leistungen wünscht.
Denn mit dem Status Quo im Schweizer Gesundheitswesen zeigten sich die Stimmberechtigen zufrieden. Laut Umfrage haben 87 Prozent (+9) der Befragten einen sehr oder eher positiven Gesamteindruck. Vor allem in Bezug auf die Qualität stufen alle Befragten diesen als mindestens gut ein.
"Starke emotionale Reaktion"
Gleichzeitig zur verstärkten Qualitätsorientierung hat laut Mitteilung auch die Bereitschaft abgenommen, individuell auf Leistungen zu verzichten - auch wenn dadurch Kosten gespart werden könnten.
Dazu zählt insbesondere der eingeschränkte Zugang zu neuen Medikamenten. Das würden zurzeit nur knapp ein Fünftel der Befragten hinnehmen. Auch die Kürzung des Leistungskatalogs und eine eingeschränkte Arztwahl würden von den Stimmberechtigten nicht akzeptiert.
Bieri betonte insgesamt, dass die Ergebnisse der Umfrage auch eine gewisse Überreaktion widerspiegeln könnten. Die Diskussion über Leistungsverluste nicht zuletzt in Zusammenhang mit der Altersvorsorge könnte die Befragten zu einer gewissen Zeichensetzung veranlasst haben. Hier ortet Bieri eine starke emotionale Reaktion.
Experimente bei Prämien und Franchisen lehnten die Umfrageteilnehmer mehrheitlich ab: Noch etwa jede dritte Person (34 Prozent) wäre einverstanden, die Prämien für die Krankenkasse vom Einkommen abhängig zu machen. Die einheitliche Finanzierung findet laut Umfrage eine breite Unterstützung.
Der gfs-Gesundheitsmonitor wird im Auftrag von Interpharma von gfs.bern seit 1996 erstellt. Zwischen dem 5. und dem 24. März wurden 1200 Stimmberechtigte aus der ganzen Schweiz befragt.
Quelle: SDA - 19.06.2018, Copyrights Bilder: Fotolia.com